Job Rotation zwischen HR und Linie.

Je mehr die Wirtschaft den ganzen Menschen benötigt, also nicht nur seine Augen und seine Hände, sondern sein Wissen, Denken, Fühlen, Überlegen, Planen, Kommunizieren und Kooperieren, je höher werden die Anforderungen an die HR-Mitarbeiter. In Branchen, in denen Menschen vornehmlich Kopfarbeit leisten, sind sie die Gestalter des Unternehmenswertes. Denn der Unternehmenswert besteht aus Köpfen, deren Können und deren Kommunikation intern und zu Kunden. Büromöbel, Computer und Autos fallen nicht ins Gewicht.
Viele Linienverantwortliche sehen die unternehmensgestaltende Rolle des HR-Managements kritisch und misstrauisch. HR-Verantwortliche sind aus ihrer Sicht Dienstleister. Sie erledigen das, was bei allen Chefs an Gleichem anfällt: Versicherungskram, Lohnabrechnungen,  Kandidatensuche, Mitarbeiterentlassung. HR-Mitarbeiter als Unternehmensgestalter mit Mitsprache in Marketing, Organisation, Struktur und Abläufen löst bei vielen Vorgesetzten ungute Gefühle aus. Dass HR-Mitarbeiter einiges zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen könnten, wollen sie nicht wahrhaben. Vorurteile bezüglich mangelnder Ausbildung, oder mangelnden Wissens haben zum Teil Berechtigung. Zudem tragen die Linienchefs in ihrem Pflichtenheft die Verantwortung für das Unternehmen. 

Die Situation der Unterschätzung des HR-Departements für Unternehmensgestaltung ist unterschwellig überall vertreten. Dabei weiss man heute, dass ein Unternehmen nicht mehr allein aus Investitionen in Gebäude, Inneneinrichtungen, Maschinen,  Kommunikationsanlagen besteht. Alle reden davon, dass ein Unternehmen aus Menschen besteht. Dass Personalentwicklung, Talentmanagement, Personalmarketing inklusive Employer Branding zu den prägendsten Teilen des Unternehmenswertes gehören. Doch viele Linienmanager sind der Ansicht, das gehöre in ihren Kompetenzbereich. Allerdings verstehen sie davon so wenig,

wie HR-Mitarbeiter von Linienaufgaben.
Abhilfe kann geschaffen werden, wenn HR-Mitarbeiter und Linienvorgesetzte für beschränkte Zeit ihren Job tauschen, zumindest einander gegenseitig sehr, sehr gute Einblicke gewähren. Der Linienvorgesetzte lernt dabei, was Personalentwicklung und Talentförderung bedeutet, was unternommen werden muss, um als Arbeitgeber einen guten Ruf im Personalmarkt zu haben und wie Wissen gemanagt werden kann. Der HR-Mitarbeiter erhält verbesserte Einsichten in die Abteilungs- und Teamführung, in Märkte und Produktions- oder Dienstleistungsabläufe. Durch diesen Einblick ins Business gewinnt er den Wissens-Background, um strategisch mitreden zu können. Und ist ihm einmal gelungen das Management vom Nutzen seiner Mitgestaltung zu überzeugen und ist er in der Führungsetage akzeptiert, kann seine Personalarbeit ihre volle Wirkung entfalten.

 Auch der Linienvorgesetzte profitiert vom Jobwechsel. Er lernt die Möglichkeiten kennen, die in einer modern organisierten HR-Abteilung stecken. Er erfährt, dass nicht allein Zahlen und monetäre Werte eine große Rolle spielen. Er bekommt den Umgang mit Kandidaten mit, die Ansprüche an eine Kommunikation zwischen Arbeitsvertragsabschluss und Eintritt. Er beginnt, bei jeder Veränderung im Unternehmen die Frage nach den durchführenden Personen und ihren Voraussetzungen stellen. Er sensibilisiert sich für Altersstrukturen, für Nachfolgeprobleme, für Gesundheit und Motivation. Und was ganz wichtig ist: Sowohl der Linienvorgesetzte wie der Personaler finden eine gemeinsame Basis, eine bessere Verständigung und gegenseitige Wertschätzung. Darauf wachsen die Ideen, die den Unternehmenswert entscheidend erhöhen.

Der gegenseitige Austausch muss nicht unbedingt mit einer Job-Rotation realisiert werden. Doch wo HR-Mitarbeiter über eine betriebswirtschaftliche Ausbildung verfügen, kann ein Rollentausch in kurzer Zeit viele gute Resultate bringen. jb