Suchen wir Menschen oder Marionetten?

Ein Blick in die Stellenanzeigen zeigt eine erschreckende Eintönigkeit. Jedes Unternehmen ist Marktführer, wächst weiterhin schnell, bietet tolle Karriereperspektiven, achtet auf Nachhaltigkeit und ist teamorientiert organisiert. Die Texte von Stellenanzeigen sind austauschbar, man braucht nur die Bezeichnung der Aufgabe zu ändern, den geografischen Standort und die Eingliederung im Unternehmensdisplay. Von all diesen abgeklatschten Sprüchen soll sich ein guter Kandidat zu einer Bewerbung motivieren lassen?

 

Der Personalmarkt wechselt vom Verkäufermarkt in einen Käufermarkt.

Das Angebot an Vakanzen steigt infolge des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels. Die Nachfrage dazu ist am Sinken. In vielen Bereichen wird um Top-Kandidaten gekämpft, denn die unternehmerische Weiterentwicklung hängt von der Zahl und der Qualität der Mitarbeiter mit speziellem Wissen ab. Kandidaten (Käufer) sind begehrt und deshalb am längeren Hebel der Macht. Sie können sich Angebote auslesen. Wenn aber alle Angebote gleichlautend sind, wie soll sich da ein Kandidat orientieren?

 

Kreativität in Werbung und Ansprache ist gefordert.
Gesucht wird nicht der beste Kandidat, sondern derjenige, der am besten in die Unternehmenskultur, -struktur und in die humane Umgebung passt. Diese Einpassung bietet viele Themen, die in der Kommunikation zu Kandidaten eine wichtige Rolle für die Bewerbung spielt. Gleichzeitig sind Informationen in diesem Bereich ein Auswahlmittel, damit sich nur passende Kandidaten bewerben. Wie wäre es beispielsweise mit Sätzen, wie:
– In unserem Entwicklungsteam für die Herstellung von …….. sind wir zukünftig auf einen kreativen Kopf angewiesen, der dem Team Impulse gibt.

– Unser Verkaufsteam braucht keinen Chef, sondern einen Motivator und Coach.
– Sie passen zu uns, wenn unsere Energiesparkonzepte und Ihre Lebensziele übereinstimmen.

– Sie suchen Freiheit für Ihr Wirken. Uns können Sie ihr Konzept der kommunikativen Zusammenarbeit vorlegen.

– Wir sind auf eine hohe Leistung von Ihnen zur Unternehmensentwicklung abhängig.

Gerne diskutieren wir mit Ihnen Ihre Vorstellungen dazu.

– All unsere Mitarbeiter/innen haben einen Fairnesspakt unterzeichnet. Fairness muss Ihnen ein Bedürfnis sein.

– Wir respektieren Ihre Freiheit zu denken. Wir geben Ihnen die Freiheit des Handelns dazu, wenn Ihr Denken unsere Ziele vorwärtsbringt.

– Sie respektieren unser Streben nach Effizienz, denn Effizienz ist auch Ihnen ein Bedürfnis.
– Sie haben Mut zur Verantwortung. Gerne geben wir Ihnen die Freiheit, Ihr Verantwortungsbedürfnis zu verwirklichen.

– Wir sind offen für Vorschläge, die Ihrem Verstand entsprechen, denn nur nach Anweisung zu arbeiten ist uns zu wenig.

– Wir unterstützen Ihr Streben nach Selbständigkeit. Ihre Eigenaktivität und Ihre Verantwortung bringen uns vorwärts.

    
Kennen wir die Psyche und die Vorstellungen der Kandidaten?

Den Texten in der Personalsuchwerbung zufolge scheinen diejenigen, die Anzeigen verfassen, über die Bewerbungsgründe guter Kandidaten nicht im Bild zu sein. Sie meinen, Ihr Unternehmen «verkaufen» zu müssen. Sie sind der Ansicht, mit Employer Branding werde Top-Kandidaten eine Heimat geboten. Tatsache ist, dass, wenn Top-Kandidaten den Job wechseln möchten, Gründe vorhanden sind, wie beispielsweise:

  • Der «Anzug» ist zu klein geworden.
  • Der Chef engt die Selbständigkeit ein.
  • Ein Projekt ist erfolgreich realisiert.
  • Unbehagen bei Strukturveränderungen.
  • Leerläufe, nicht umgesetzte Arbeitsresultate.
  • Differenzen in fachlichen Auffassungen.

Es gibt viele Gründe, weshalb sehr gute Kandidaten einen Blick in Anzeigenportale werfen. Wenn sie sich nicht persönlich in Anzeigentexten finden können, erfolgt keine Bewerbung. Anzeigentexte müssen deshalb mit viel Kreativität auf ganz persönliche Gegebenheiten von speziellen Top-Kandidaten der einzelnen Fachgebiete ausgerichtet sein. Mit allgemeinen, von allen gleich verwendeten Textstellen, angelt man sich nur Marionetten, die sich unter den Schirm eines «starken» Unternehmens begeben, um nicht nass zu werden.

 

Ist die entsprechende Kreativität nicht vorhanden, hilft der branchenorientierte Personalberater, denn gute Kandidaten suchen nicht selbst – sie werden angesprochen. jb